Bericht vom 10. bis 18. Mai 2024
Aus: Neuseeland
Ubernachten in einer Jurte
ein tiefgreifender Entschluss
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Das Auto ist von einem Dämon besessen
Wir sind weiterhin auf den Weg nach Norden, nach Auckland, um dort unseren Van zu verkaufen und dann eine Flugticket nach Deutschland zu kaufen. Unser nächster Stop auf dem Weg ist eine Pizzeria. Für diese haben wir gleich zwei unabhängig voneinander ausgesprochene Empfehlung bekommen. Die hat nur einmal in der Woche auf und das Gebäude an sich soll schon toll sein. Bei der zweiten Empfehlung, die von Finn kommt, ergänzt dieser gleich noch den Kontakt einer Freundin, Alex, und meint die wohnt da gleich um die Ecke. Ich finde es etwas seltsam eine fremde Person anzuschreiben "ich hat deine Nummer von XYZ, er meint ich soll Mal Hallo sagen". Aber Alex war von Anfang an sehr offen. Sie hat uns sofort für das Wochenende zu sich nach Hause eingeladen.
So holen wir Alex eines Freitags Abend ab (die Pizzeria hat nur Freitags auf) und fahren zur Pizzeria. Bei der Ankunft am Restaurant macht Günni, unser Van auf einmal Probleme. Der Motor läuft aber das Auto fährt nicht mehr! Ich drücke das Gaspedal, der Motor heult auf, aber das Auto bleibt stehen. Meine Nerven liegen blank und ich sehe schon unser Geld davon fließen und das Auto zum Schrotthändler zu bringen. So konnten wir die Pizza nicht ganz so genießen wie wir das vorgehabt hatten, war trotzdem sehr lecker. Alex geht zum Nachbartisch organisiert nebenbei Mal eben die Heimfahrt zu ihrem Haus. Nach dem Essen, wollen wir noch ein paar Sachen aus dem Auto holen und stellen auf einmal fest, das das Auto wieder funktioniert! Sehr seltsam. Bevor wir mit dem Auto irgendwo hinfahren, wollen wir erstmal zu einer Werkstatt - nach dem Wochenende erstmal zur Werkstatt. Solange bleiben wir bei Alex. Hier ein kurzer Vorgriff bezüglich des Autos: der am Montag aufgesuchte Automechaniker konstatiert nach der Begutachtung "Günni" hat einen Dämon". Der Mechaniker kann sich nicht erklären was los ist. Auch gut. Dann zurück zu Plan A: Günni verkaufen.
Aber zwischen Pizzeria und dem Besuch der Autowerkstatt liegt ein Wochenende, indem wir unseren Van nicht bewegen wollen, weil wir noch nicht wissen was los ist. Wir hatten so ein Glück, das es genau dort passiert ist. Alex hat uns super herzlich bei sich aufgenommen.
Alex in der Jurte
Alex lebt in einer Jurte. Sie ist circa 75 Quadratmeter groß. Was in einer normalen Wohnung auf unterschiedliche Räume gegliedert, findet hier alles in einem Raum statt - Wohnzimmer, Schlafzimmer, Esszimmer und Küche. Alex hat die Jurte aus Kanada importiert. Warum Kanada?Weil es in Kanada auch mega kalt ist, und sich Alex von daher sicher war, dass die Jurte warm hält. Dazu besitzt sie einen Außenhaut aus LKW Plane, einen Innenstoffen und dazwischen wei lagen Luftpolsterfolie von der NASA. Die Fenster hat sie selber in den Stoff geschnitten. Es ist wirklich verrückt, aber diese Jurte hat eine wesentliche besser Isolierung als das die durchschnittliche neuseeländische Haus. Aus dem Grund sagen wir bei der Einladung die Nacht in der Jurte zu verbringen nicht nein. Wir sind dankbar für die Einladung. Während es draußen wieder gegen null Grad ist, liegen wir im wohlig warmen. Einer ihrer Töchter ist auch da, uns so 5 Personen in einem diesen Raum. Das beste ist allerdings das gute deutsche Frühstück. Mit richtigem Brot und einem gekosten Ei. Herrlich! Ich bin glücklich.
Ich bin wirklich fasziniert von diesem Wohnkonzept und der durchdachtheit von allem. Alles greift Hand in Hand. Alex Kernprinzip ist Einfachheit. Das Feuer erwärmt nicht nur Haus sondern macht auch Leitungswasser zum duschen und Händewaschen heiß (Stichwort Wärmespeicherofen). Ein Wasserkessel wird auf den Ofen gestellt und wenn es warm ist dann in nem Thermoskanne warm gehalten. Das Leitungswasser komplett aus Regenwasser wird in großen Zisternen gespeichert - Reicht um duschen, Händewaschen, kochen. Es reicht nur nicht für die Toilette - braucht es aber auch nicht, da es sich um eine Trockentoilette handelt. Die stinkt erstaunlicherweise überhaupt nicht. Nachdem die Box voll ist werden die Exkremente ein halbes Jahr stehen gelassen und können dann zum Aufbau eines nährstoffreichen Bodens beziehungsweise als Dünger verwendet werden.
Alex hält nebenbei auch noch ein paar Hühner und Rinder. In ihrem Garten wachsen viele Bäume und Sträucher mit Obst. Hier wird zum ersten Mal richtig bewusst, wo die unterschiede zum Klima in Duetschland sind. Neuseeland relativ ähnliches Klima zu Deutschland. Aber der Norden Neuseelands hat kaum Bodenfrost - deswegen können hier Avocados, Palmen und Zitrusfrüchte wachsen, die in Deutschland nicht wachsen. Es gibt auch Sträucher mit Obst, von dem ich noch nie gehört habe. Dazu gehärt die Feijoa. Ein Obst, dass so komplett anders ist als unseres. Es ist eine Guavan Art. Die dicke Schale kann man nicht essen, das innere kann man auslöffeln. Es schmeckt süß und säuerlich zugleich.
Die Erlebnisse wie hier bei Alex und Bob & Kristie geben mir viel mehr als das ewige rumreisen. Natürlich ist es schön die Sehenswürdigkeiten eines Landes anzusehen. Aber gerade habe ich das ziemlich satt. Hier lernen wir einiges über das Land und die Leute. Neuseeland ist gleich und doch anders. Mir fällt es schwer in Worte zu fassen. Mir kommt es unstrukturierter, weniger durchdacht, an vielen Stellen improvisiert und einfach vor (beispiel ungedämmte Häuser). Trotzdem sind die Mietkosten teurer und die Lebensmittelkosten ebenfalls, aber das Durchschnittseinkommen vergleichbar. Alkohol, Zigaretten und Tabak sind in Neuseeland richtig teuer – eine Packung Zigaretten kostet umgerechnet circa 25 Euro. Die Einfachheit bezieht sich auch auf den Konsum, mein Eindruck ist das Neuseeland weniger konsumoriret ist, was ich schön finde. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass die Leute häufig mehr mit ihrem Leben kämpfen. Auf der anderen Seite hat man aber schon den Eindruck, dass die Neuseeländer eher "Leben zum arbeiten" statt "arbeiten zum Leben".
Anderes ergibt für mich keinen Sinn. Zum Beispiel sind Scheinwischer und Blinker sind "falsch" rum, genauso wie Türen in die andere Richtung aufgeschlossen werden.
Krankheitstage in Neuseeland sind limitiert (häufig 10). Urlaubstage in Neuseeland. Neuseeländer sind sehr offen und quatschen einen total gerne irgendwo an. So knüpften sie schneller Freundschaften. Aber gleichzeitig haben wir auch vielfach erzählt bekommen, dass die Freundschaft dafür auch nicht so tief bzw nicht so lange halten. Ich weiß einiges in Deutschland jetzt ganz anders zu schätzen
Tauranga
Wir müssen leider weiter. Wir brettern 500 kilometer nach Norden über das, was hier "Autobahn" genannt wird - noch nicht mal vergleichbar mit einer Bundestraße. So kommen wir in Tauranga an, und erleben am am nächsten Tag einen wunderschönen Sonnenaufgang am Meer.
Wir kochen hier eigentlich nur selber. Zum einen weil Neuseeland teuer genug ist. Zum anderen weil es schön ist Mal wieder zu kochen. Am Anfang, als wir den Van gekauft hatten, waren wir so überfordert wie kochen nochmal ging. Schließlich haben wir mehr als ein Jahr nicht mehr gekocht. In Asien gab es einfach nirgendwo Küchen, selbst in den Hostels nicht, weil essen gegen so preiswert war. Erst jetzt mit unserem eigenen Van kochen wir wieder so richtig. Am Anfang dachte ich, wir hätte es verlernt und war total unbeholfen. Aber mittlerweile genießen wir es sehr. currys mit frischem Gemüse, Gemüsepfannen, gebratener Reis, Pfannkuchen, Vanillepudding. Der Höhepunkt war aber mit Sicherheit das Rehgulasch.
Wenn es warm ist kochen wir draußen auf dem klapprigen Campingtisch. Wenn es kalt ist oder regnet oder draußen schon dunkel dann im Van. Da jetzt Winter und Tage immer kürzer - so kochen wir fast ausschließlich im Van -was übrigens gleichbedeutend ist mit im Bett kochen, da unser Van ziemlich kein ist. Es ist etwas kompliziert, und es bleibt dann auch nicht aus, dass Mal
etwas von der Soße im Bett landet, aber dafür kann man ja waschen.
Leider gibt es ab und zu auch größere Missgeschicke. Zum Beispiel heute. Wir haben gestern abend Kartoffeln gekocht. Wir haben beim Weiterfahren den Topf nicht richtig gesichert und gestern Abend auch das Kartoffelwasser nicht abgegossen und so passiert das, was passieren musste... Die Matratze ist triefend nass und alles unser Bettbezug voller Kartoffeln. Schöne Scheiße. Jegliche gute Laune ist dahin. Wir fahren zum nächsten Waschsalon, waschen unser gesamtes Bettzeug und im Anschluss suchen wir uns einen Nahgelegene Stellplatz für die Nacht und holen die Schaumstoffmatrazen raus, damit die etwas trocknen können. Wir haben doch gerade erst neue gekauft - wehe die fangen auch an zu schimmeln.
Und dann kommt meine Verzweiflung bezüglich meiner Entscheidung zu einem Höhepunkt. Ich weiß nicht was ich machen will. Karli fliegt demnächst heim. Und ich? Vielleicht will ich auch nicht zurück. Bei dem Gedanken heim zu fliegen falle ich in ein tiefes tiefes Loch. Ich bin irgendwie verzweifelt. Ich will nicht heim. Ich weiß nicht was ich will. Ich bin zutief innerlich gespalten. Hier in der Welt habe ich so viel erreicht und so viel geschafft und ich will nicht zurück, weil ich das Gefühl habe, dass das was ich die letzten Monate erreicht habe, dann in sich zusammen fällt. Der Gedanke zurück nach Deutschland zu fliegen, fühlt sich an, wie zurück in eine Kleidungsstück, zurück in eine Korsage, aus dem ich rausgewachsen bin. Karli und ich reden viel und am Schluss entscheide ich mich, dass Karli erstmal ohne mich heim fliegt.
Temperaturunterschied Nord -Sud- Achse
Vor wenigen Tage hatten wir nachts noch Frost und haben uns den Arsch abgefroren. Währenddessen ist es hier, 500 Kilometer weiter nördlich, einfach Sommer. Sommer! Und kein Wind! Ein Jackpot. Ich bin völlig von Socken. Selbst ich bin in T-Shirt unterwegs. Wir genießen das Wetter, machen einen Spaziergang am Strand und hopsen in den kalten Ozean. Ja, noch einmal ins Meer hopsen... Zu dem Zeitpunkt wissen wir es noch nicht, aber es war das letzte Mal dass wir im Meer waren...
Auckland und Auto verkaufen
Auf dem Weg zur Metropole Auckland haben wir die ersten Verkaufsgespräche für unseren Van. Ich habe unseren Günni bei "Facebook marketplace" reingestellt. Es läuft nicht gut Es kommen nur wenig Anfragen rein, oder die die Anschreiben wollen das Auto zu einem Witzpreis. Es ist Winter in Neuseeland und Sommer in Europa. Das heißt es gibt wenig Urlauber und Backpacker in Neuseeland und somit auch wenig Käufer. Meine Beobachtungen ergeben, dass man nun im Winter ungefähr die Hälfte des Sommerpreises für seine Karre erwarten kann. Die Vans werden in der Regel von einem Backpack zum nächsten weiter verkauft. Sonntags gibt es in Auckland immer eine Automesse für Backpacker Autos. Auckland ist für den Verkauf besonders beliebt, weil hier die meisten die Reisenden in der Regel von Übersee ankommen. Zu der Messe fahren wir hin um unseren Günni anzubieten. Es wird ein sehr witziger Tag gemeinsam mit den anderen Verkäufern - alles Backpacker so wie wir. Wir quatschen viel und tauschen uns mit Ihnen aus. Aber einen Käufer für unseren Van finden wir nicht.
📷 hier gibt es ein paar weitere Bilder:
(diesmal etwas weniger als gewöhnlich)
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