Kantang
3. März - 5. März
Es gibt Sprichwort, dass ursprünglich von einem Indianer stammt, der sich nach seiner ersten Eisenbahnfahrt auf den Bahnsteig setzte und seinen verwunderten Begleitern auf ihre fragenen Blicke hin sagte: ''Wenn du an einen neuen Ort gelangst, warte, es braucht Zeit bis die Seele nachkommt'' (Nick Martin, 2020, Die geilste Lücke im Lebenlauf)
Ich hatte tatsächlich länger als erwartet gebraucht um in Asien anzukommen. An vielen Tagen habe ich mich gefragt habe, warum ich hier bin, was ich hier mache oder warum nicht wieder zurück nach Deutschland. Warum Asien so anders ist und wann ich es schaffe mich hier wohl zu fühlen. Das war auch eine der Gründe warum wir so lange auf Thailands wunderschönen Inseln waren.
Die zweite Mandelentzündung war besonders schlimm. Am 9 oder 10 Tage auf Koh Mook, nach einem wunderschönen Tag am Charlie Beach, habe ich schon gemerkt, das etwas nicht stimmt. Am nächsten Tag hatte ich 39 Grad Fieber und mir geht es richtig kacke. Da habe ich mich wieder zurück nach Deutschland gewünscht. Wegen dem hohen Fieber sind wir dann zum Arzt. Die Ärztin war super super lieb und hat gemeint, sie würde mit am liebsten eine Antibiotika Infusion geben, da sie nicht das entsprechende Eqiuipment da hat, würde sie uns empfehlen ins Krankenhaus aufs Festland zu fahren, wenn es am nächsten Tag nicht besser ist. Wir haben dann Rücksprache mit unserem medizinischen Fachpersonal ;) in Deutschland gehalten, die haben die Sitaution zum nicht ganz so kritisch gesehen. Und tatsächlich ging das das Fieber am folgenden Tag wieder etwas zurück, wir sind dann trotzdem aufs Festland, aber nicht ins Krankenhaus.
Aber nun glaube ich langsam bin ich angekommen. Ich frage mich, ob ich bei einem drei wöchigen Urlaub genauso lange gebraucht hätte nzukommen. Intuitiv würde ich sagen nein. Aber wo jetzt der Unterschied ist, wie lange ich bleibe.... Ich weiß es nicht....
Tourismus in Thailand
Koh Lanta, Koh Phi Phi, Krabi, Ao Nang, Koh Mook und jetzt sind wir in Kantang... Es hat mich wirklich erstaunt wie unterschiedlich das Verhältnis zwischen Touristen und Einheimischen sein kann. Ich würde gerne ein paar meiner Eindrücke zu diesem Thema mit euch teilen. Es sind meine persönlichen Erlebnisse und Eindrücke und es kann gut sein, dass jemand anderes eine ganz andere Erfahrung hat.
Schublade "wandelnder Geldbeutel"
Unser Gehirn ist darauf trainiert in Sekunden einem anderen Menschen einzuschätzen. Wir beurteilen andere Menschen nach Religion, Sexualität, Kultur, Ethnie, Hautfarbe, Haarfarbe. Ich fühle mich in Thailand häufig von den Thais in einer Schublade gesteckt, in der ich nicht sein möchte. Und zwar in der Schublade "wandelnder Geldbeutel". Andauernd wird man angesprochen: "Sawadee" (=Hallo), "Where are you going?", "Taxi, Taxi" Jedes Mal, wenn man angesprochen wird, geht es darum, das man irgendwas kaufen soll. Manchmal wird man auch alle 3 Meter angesprochen. Es gab ein paar Situationen, wo wir definitiv zu viel gezahlt haben. Es geht mir nicht um das Geld. Ob ich jetzt 50cent der 3Euro für eine Busfahrt bezahle tut mir nicht weh. Das Problem ist anders behandelt zu werden, als der Rest: Ich kann dieser Rolle nicht entschlüpfen und dieser Schublade nicht entkommen. Mein Äußeres, meine Hautfarbe, verrät mich sofort als Ausländer. Aus Sicht der Einheimischen bin ich "die Reiche" egal wie ich mich selber sehe. Ich werde auf diese Eigenschaft reduziert. Es ist auch egal, ob man sich selber so sieht, oder ein komplett anderes Selbstbild hat. Geldbeutel auf zwei Beinen. Man hasse ich dieses Gefühl.
Drei Gedanken hierzu
1. Ankommen
Tatsächlich hat mich dieses anquatschen und diese Schublade ziemlich gestresst. Vielleicht ein Grund, warum ich relativ lange gebraucht habe um anzukommen.
2.Diskriminierung
Diese Erfahrung, von jemand anderes auf ein (äußeres) Merkmal reduziert zu werden, finde ich sehr spannend und gleichzeitig prägend. Diese Erfahrung ist der Grund warum ich sage, dass ich nicht beurteilen kann, ob sich jemand in Deutschland diskriminiert fühlt. Ich bin mir sicher, das die Thais, dieses anquatschen nicht böse meinen und sich nicht darüber bewusst sind, was das mit mir macht. Ganz zu schweigen davon, dass ich zum Glück in einer "positiven" Schublade gelandet bin. Ich weiß nicht wie das ist in einer "negativeren" Schublade zu sein, zum Beispiel als Osteuropäer, Syrer, Türke,... Den werden grundsätzlich erstmal negative Eigenschaften zugesprochen, auch wenn wir sie nicht kennen und nicht wissen wie die Person ist. Das muss noch einmal um einiges härter sein.
3.Lebensstandard
...und auf der anderen Seite kann ich die Thailändern auch manchmal irgendwie verstehen. So im Verhältnis gesehen sind wir doch "reich". Also klar bei uns sind die Lebenshaltungskosten höher, aber man ey, was einem selten bewusst ist: wir haben schon einen schönen Lebensstandard, wir haben eine tolle Infrastruktur; wir haben ein funktionierendes Müllsystem; eine Kanalisation, die kein Problem mit Toilettenpapier hat (hier muss das benutzte Toilettenpapier in den Müll geschmissen werden) ...
Weiße als nachwachsende Ressource: die
Machtübernahme der Hellhäuter und Rotbacken
Ganz anders ist es auf Koh Phi Phi zum Beispiel - Karli hatte es schonmal am Rande angesprochen - gibt es sooooo sooo sooooo viele Touristen, sodass gefühlt 95 % der Leute in den Straßen Touristen sind. Im Prinzip sind alle Leute die "rumschlendern" weiß und alle Leute die Arbeiten Thais. Man wird zwar immer noch ab und zu angesprochen, aber nur noch ein kleiner Teil der Ladenbesitzer macht das. Ich vermute, dass die meisten keine Lust haben, sich den Mund fusselig zu reden. Oder der Grund ist der, dass es einfach so viele Touristen auf Phi Phi gibt, dass sie sich sicher sind, dass es genügend Abnehmer für ihre Ware gibt. Touristen als nachwachsende Ressource.
Da habe ich mich nicht als wandelnder Geldbeutel gefühlt, einfach weil die Straßen nur aus Touris besteht. Also wirklich. Ich weiß nicht. Auf der einem Seite befreiend, auf der anderen Seite gruselig.
Die weißen Touristen mit den weißen Westen?
Achja übrigens, die Touristen verhalten sich häufig auch beschissen.... Wieso ich das sage? Zum Beispiel die Touristen auf der Aussichtsplattform des Tiger Cave Tempels in Krabi: Sobald man sich ein ganz bisschen mit dem Buddismus und Tempeln beschäftigt, ist der erste Hinweis den man bekommt, dass man mit bedeckten Schultern und Knien in einen Tempel geht. Auch vor und in dem Tempel sind, für alle gut sichtbar, drei Hinweisschilder gewesen. Ich habe die Hinweise und Schilder nicht fotografiert, aber besonders ein Satz ist mir in Erinnerung geblieben "please show some respect to our Religion". Es hat mich traurig gemacht zu sehen, dass die meisten Touristen sich nicht dran halten und mit Tops und Shorts auf den Sonnenuntergang warten.
Auf Augenhöhe
Es geht aber auch anders! Zum Glück sehen nicht alle unsere Begegnungen mit den Thais so aus.
Koh Mook ist die Insel, die wir als am ursprünglichsten erlebt haben. Laut unserer Gastgeberin des Bungalow sind in der Hochsaison so ungefähr 3.000 Menschen auf der Insel, davon die Hälfte Touristen. Wenn man über die Insel läuft bekommt man einen Eindruck vom Alltag der Menschen. Es gibt noch viele Einwohner, die einen (weiteren) Job unabhängig vom Tourismus haben. Straßenarbeiter. Fischer. Wir haben einen Friseur kennengelernt, der in der Saison zusätzlich auf dem Festland Minivan fährt. Man sieht die Menschen beim streichen ihrer Boote und beim fegen ihrer Häuser. Unsere Wirtin Gai führt innerhalb der Saison das Restaurant und die beiden Bungalows. Ihr Mann Thong fährt Tuktuk und hilft im Restaurant. Außerhalb der Saison ist er Fischer und sie hilft beim sortieren des Fangs. Wenn der Fang gut war, kann das auch schon Mal einen ganzen Tag dauern. Auf Koh Mook kann man (wenn man will) den Menschen auf Augenhöhe begegnen. Wenn man freundlich ist und die Menschen hier respektiert, dann behandeln sie einen genauso. Gai hat uns zum Beispiel von einer 80jährigen Schweizerin erzählt, die Jahr für Jahr wieder nach Koh Mook kommt und von den Einheimischen freudig begrüßt wird, weil man sie wieder erkennt. Und auch wir hatten so ein Erlebnis.... Eines Abends in Kantang, wir waren gerade auf der Suche nach essen. Plötzlich war da jemanden auf der anderen Straßenseite, aufgeregt rufen und winken. Ich laufe erst ein paar Schritte weiter, aber drehe mich wieder zu der rufenden Person um. Die schaut in unsere Richtung. Ich drehe mich um, um zu schauen, ob hinter mir jemand steht, der gemeint ist. Niemand. Währenddessen hat die Frau es auf die unsere Steaßenseite geschafft und steuert auf uns zu Erst als sie direkt vor uns stand haben wir sie erkannt, es ist Sugar! Sie betreibt auf Koh Mook ein Restaurant, wo wir ein paar Mal gegessen haben! Wir freuen uns sehr sie zu sehen, da wir aufgrund unserer Mandelentzündung keine Zeit hatten uns von ihr zu verabschieden.
Thailändische Touristen
Auf Koh Mook haben wir auch einige thailändische Touristen gesehen. Was wir bis jetzt so mitbekommen haben, scheinen Thais eher mit der ganzen Familie oder zumindest in Gruppen zu reisen. Gai hat uns erzählt, dass die meisten Thais allerdings im April kommen, wenn für die europäischen Touristen schon Nebensaison ist. Im April und Mai ist in Thailand "hot season". In Asien haben viele Länder andere Jahreszeiten als wir. In Südostasien sind das in der Regel eine "dry season" "wet season" und eine "hot season". In der "hot season" ist es zwar auch im Süden heiß, aber wesentlich erträglicher als im restlichen Land.
Farang
Und jetzt sind wir in Gegenden wo normalerweise selten Touristen sind. In Katang haben wir tatsächlich keinen anderen "weißen" gesehen. Also doch einen in dem Immigration Office, der schien längerfristig in Thailand zu sein, weil er seinen "90 Tage Report" machen musste. (Bei Visas, bei denen man über mehrere Monate in Thailand bleiben darf, zum Beispiel weil man hier arbeitet oder so, muss man glaube ich diese 90 Tage Reports abgeben.) Jedenfalls war das der einzige andere Ausländer, den wir während unserer 3 Tage in Kantang gesehen haben.
Ausländer heißt im thailändischen "Farang". Die Leute in Katang freuen sich einen Farang zu sehen. Vorbeifahrende Kinder winken einem zu. Die Menschen entlang der Straße und auch die die in ihren Läden sitzen, freuen sich einen zu sehen und noch viel mehr, wenn man ihnen zulächelt. Man bekommt den Eindruck, dass nur wenige sich trauen einen anzureden. Karli hat einmal ein Hallo eines Bauarbeiters erwidert, woraufhin jeder seiner Kollegen unbedingt einem Farang Hallo sagen wollte. 🤣 Kinder sind natürlich um einiges unbeschwerter. Die haben uns regelmäßig angequatscht.
Und wir durften ein paar Mal erleben, wie hilfsbereit Thailänder sind. Dazu später mehr.
Kantang
Wie in dem letzten Koh Mook Beitrag schon geschrieben sind wir nach Kantang, weil hier die nächste Immigration Office ist. In Thailand brauchen wir kein Visa, bei Einreise bekommst du als Deutscher eine visafreie Aufenthaltsgenehmigung für 30 bzw 45 Tage. Also normalerweise 30 Tage, wegen Covid gab es eine verlängerung auf 45 Tage. Die Sonderregelung ist jetzt Anfang April 2023 ausgelaufen. Nach 30 Minuten und mit 1.900 Baht pro Person weniger, können wir weitere 30 Tage in Thailand bleiben.
In Kantang haben zwei Nächte verbracht. Ich habe mich wegen der Mandelentzündung viel ausgeruht. Karli hat Kantang erkundet.
📷 zu diesem Beitrag gibt es nicht so viele Bilder im Fotoalbum
Ich finde es hier in Thailand manchmal schwierig zu erkennen, ob es öffentliche oder privater Raum ist. Also, ob man irgendwo reinlaufen darf, oder eben nicht. Aus europäischer Sicht gibt es häufig keine Anzeichen dafür. Aus dem Grund haben Karli und ich irgendwann beschlossen, dass wir überall hinlaufen. Und wenn wir dabei irgendwo landen, wo wir nicht sein sollten, dann werden uns die Thais schon darauf aufmerksam machen.
So kam es, dass ich auf einem Spaziergang alleine durch Kantang in ein Supermarkt rein gelaufen bin, immer tiefer und tiefer. Es gab nirgendwo eine Absperrung oder Tür, aber irgendwann merke ich das keine Lampen mehr um leuchten und ich frage mich, ob ich hier noch richtig bin. Da stehen auch plötzlich drei Thais um mich herum und versuchen mir zu helfen beziehungsweise zu erklären, dass das Lager ist. Abends erzähle ich Karli von der Situation und er fängt lauthals an zu lachen: ihm ist im selben Supermarkt das gleiche passiert.
Schöner Bericht!