Bericht vom 23. November bis 29. November 2023
Aus: Phillipinen
Wir reisen jeder für sich
Port Barton bis El Nido / Janine
Janine
Port Barton
Ich bin immer noch in Port Barton und viel mit mir und meiner Fruktose - Diät beschäftigt. An vielen Tagen habe ich mich in mein Schneckenhaus verkrochen und nur an und zu herausgewagt im mit ein paar Einheimischen zu sprechen. Aber so langsam kommt mehr und mehr mein Abenteuersinn zurück. Ich habe unser Zelt dabei und fange an ein paar Einheimische zu fragen, ob man den hier am Strand einfach so Zelten könne. Die sind total hilfsbereit und meinen "ja klar" man müsse nur schauen, dass man das Restaurant/ Hotel vor dem jeweiligen Strandabschnitt fragt. Ich finde einen Strandplatz vor einem verfallen Resort und beschließe die kommende Nacht hier zu nächtigen. War eine schöne Nacht!
San Vicente
An dem folgenden Tag habe ich auf der Straße ein deutsches Paar getroffen, dass erzählt hat, dass sie heute nahegelegenen Stadt "San Vicente" fahren lassen. Da das über Land eine riesiger Umweg aufgrund fehlender Straßen, lassen sie sich mit dem Boot rüber fahren. Spontan frage ich sie, ob sie mich mitnehmen. Tun sie. In San Vicente angekommen frage ich die Leute im Hafen, ob sie eine günstige Unterkunft kennen. Ich bin ein bisschen aufgeregt, so zu reisen, weil ich alleine bin und ich kein Handy habe. Aber es funktioniert! Eine halbe Stunde später stehe ich in einem Zimmer für die Nacht - nicht wirklich schön, aber günstig. So sind alle wichtigen Dinge für heute erledigt und ich mache mich auf zum nahegelegenen Strand. Der "Long beach" ist mit 14,7 km der längste Strand in den Phillipinen und der zweitlängste Strand in ganz Südostasien. Und wirklich, dieser Strand ist soooooooooo lang. Hammer! Und einfach niemand zu sehen. Nur ganz ganz ganz weit hinten sehe ich zwei Leute im Wasser. Ich genieße eine Weile diesen Ort bevor ich beschließe zu den beiden Menschen zu laufen. Eine Ewigkeit später komme ich dort an. Es ist eine einheimisches Ehepaar am Netzfischen. Vom Ufer aus läuft der Mann in das Meer, soweit wie ihm möglich, sodass er gerade noch stehen kann. Seine Frau bleibt in Strandnähe während er einen großen Bogen läuft, bis er circa 50 Meter weiter links sich langsam wieder Richtung Strand hinaufkämpft. Es ist eine anstrengende Arbeit. Am Strand angekommen ziehen die beiden das Netz ins trockene und lesen ihre Beute ein: eine Handvoll winzig kleine Fische und Krabben haben sich im Netz verheddert. Sobald die aus dem Netz in den Eimer gewandert sind, fängt das ganze Prozedere wieder von vorne an. Ich setze mich an den Strand und beobachte die beiden. Irgendwann fange ich an beim entwirren der Fische aus dem Netz zu helfen. Die Frau freut sich riesig. Die spricht leider kaum ein Wort Englisch aber eines kann sie "Friends" (=Freunde).
So machen wir drei eine Weile weiter, bis die Sonne untergegangen ist und es dunkelt wird. Die beiden sind mit Motorrad und Beiwagen am Strand. Ich frage die beiden, ob sie mich ein Stück am Strand mitnehmen können, damit ich nicht alles zurück laufen muss. Die Fahrt auf dem Beiwagen über diesen endlos langen Strand war einfach unglaublich. Die Haare wehen mir durch den Wind, das tosen des Meeres, die Palmen auf der anderen Seite das letzte sanfte Leuchten der untergegangenen Sonne. Der menschenleere Strand, der in einer atemberaubenden Geschwindigkeit an mir vorbei zieht. Die beiden tollen Menschen bringen mich nicht nur zurück zur Straße sondern sogar zurück zu meiner Unterkunft.
San Vicente und Alimanguay
Heute morgen geht es schon wieder weiter. Karli hat mir von seinen Erfahrungen beim trampen erzählt und das Feuer ist übergesprungen, ich will mehr Abenteuer! Ich beschließe ihm nach zu machen und zu trampen. Da mich nicht sofort jemand mitnimmt, laufe ich entlang der Straße und warte darauf, dass ein Auto vorbei kommt. Fehlanzeige. Keine Autos, nur Morrader. Während der nächsten Stunde laufen, sehe ich ganze 2 Pick-Ups. Und so kommt es, dass ich weiter laufe laufe laufe.
Irgendwann beschließe ich, dass ich keine Lust mehr habe zu laufen. Ich beschließe dass ich mittlerweile bereit bin für das Weiterkommen zu bezahlen und ein Trycicles anzuhalten. Trycicles sind die örtlichen Taxis, sowas wie TukTuks in Thailand. Einfach Motorrad mit einem überdachten Beiwagen. Tja und dann? Kommt einfach kein Trycicle. Mist. Also weiter laufen. Laufen laufen. Und dann hält ein Motorrad mit zwei jungen Herren an und fragen mich, ob sie mich mitnehmen sollen. Ich frage sie noch, ob die sich sicher sind, schließlich sind wir dann zu dritt plus meinen 15kg Gepäck unterwegs. Aber sie nicken eifrig. Also ich hinten drauf und los geht es! Wuhuuu. Es dauert nicht mehr lang und dann bin ich in Alimanguay. Das Örtchen gefällt mir auf Anhieb sehr gut: es gibt einen malerischen Strand. Ich beschließe hier die Nacht zu bleiben und mit meinem Zelt wieder am Strand zu schlafen. Jetzt muss ich nur noch Karli schreiben, dass es mir gut geht. Mein Handy ist immer noch kaputt. Also muss ich nur meinen Laptop laden und ein WLAN finden. Ich bin an dieser Aufgabe am verzweifeln. Es scheint zunächst so, als würde ich daran scheitern. Da komme ich ins Gespräch mit einem älteren Herren. Er war sehr erfolgreicher DJ in Dänemark und lebt jetzt seit 2 Jahren hier. Sein bester Kumpel ist der Besitzer des Restaurants in dem ich gerade sitze. Ich komme auch mit ihm ins Gespräch. Plötzlich ist alles ganz einfach. ich bekomme WLAN und darf mein Laptop laden. Und nicht nur das, ich bekomme das Angebot hier in einm kleinen "Baumhaus" mein Zelt aufzuschlagen. Und die Dusche mit zu benutzen. Ich werde so so so herzlich von der Familie aufgenommen. Ich glaube es wurde auch ein Teller für mich am Familienessen gedeckt. Wow.
Hier ist es einfach traumhaft. Almanguay ist wirklich schön. Ich bin gerade richtig traurig, das ich morgen schon weiter muss. Ich würde so so so so gerne länger hier bleiben.
Karli und ich haben in 4 Tagen einen Flug nach Bohol und ich wollte mir vorher noch kurz El Nido, eine sehr bekannte und gehipte Stadt auf Palawan anschauen.
El Nido
Am nächsten Tag verlasse ich Alimanguay. Die nette Familie sage mir, dass sie gedacht haben, dass ich länger bleiben würde. Mit einem Motorradtaxi und Van geht es nach El Nido. Pfffffff ein paar Stunden später bin ich mir wirklich unsicher, ob ich nicht die falsche Entscheidung getroffen habe und in Alimanguay hatte bleiben sollen. Es ist so überlaufen hier in El Nido. Touristen Touristen Touristen. Und so auf Konsum ausgerichtet. Alle 3 Minuten wird man angeredet, ob man nicht die oder jene Tour buchen möchte bzw irgendwas kaufen möchte. Ich kann dem Ort nichts schönes abgewinnen. El Nido ist vorallerdingen für die Bootstouren raus aufs Meer bekannt, die sollen unglaublich toll sein. Auf jeder "To Do" Liste für die Philippinen steht diese Bootstouren drauf. Nido ist bekannt für seine wunderschönen Inseln, schneeweißen Strände und seine blauen Lagunen. Die schwarze Steinfelsen gehen vom Meer steil in den Himmel. So buche ich für den kommenden Tag eine solche Tour.
Am nächsten Tag besteigen ich das Boot. Ja die Natur, und Felsen und Strände sind unglaublich schön. Aber irgendwie kommt mir alles falsch vor. Es ist so ne Massenabfertigung von Menschen. Und statt die Tour einfach genießen zu können, grätscht mein Gehirn andauernd dazwischen und will sich unbedingt mit tiefgreifenden Themen beschäftigen:
Einheimische haben mir erzählt, das Wasser am Strand von der Stadt El Nido einmal glasklar und wunderschön war. Davon ist heute nichts mehr zu sehen, es handelt sich nur noch um trübes, braunes Meerwasser. Der Grund dafür sind das Abwasser aus den ganzen Hotels sowie das Öl der Booten. Von El Nido legen täglich hunderte von Boote ab, um die Besuchern das tolle Meer draußen zu zeigen. Ich bin angewidert von der ganzen Umweltverschmutzung und von den ganzen Besuchern. Ich will wieder zurück in kleine verlassene Dörfer ohne Touristen. Ich habe auch schon von einigen anderen Reisende gehört, dass die lieber abseits von Touristenmassen reisen. Und dann frage ich mich, ist es nicht eigentlich etwas eingebildet immer ALLES haben zu wollen: tolle Strände, tolles Meer und das alles für mich alleine? Wir verhalten uns so als würde dieses Paradies uns gehören. Nicht nur diese traumhaften Strände, die ganze Erde. Und genauso wie dieses Urlaubsdestinationen, bei denen uns egal ist, wie die Umwelt unseretwegen verpesstet wird, kümmert es uns auch nicht wie wir unsere Erde verpessten. Auf unserer Reise haben Karli und ich schon vieles trauriges gesehen: Palmölplantagen, zulasten von abgeholzten Regenwäldern; vom Meer weggespülten Häusern durch steigenden Meerespiegel; viele tote Korallenriffe; von der See angespülte Plastikberge an verlassen Stränden und fast ausgestorben Tierarten.
Im WWF-Bericht Living Planet 2012 steht, dass die Menschheit bereits das Äquivalent von anderthalb Planeten nutzt, als ob uns ein weiterer Planet zur Verfügung stünde. Wir verbrauchen mehr, als die Erde hergeben kann. Das erste Problem ist, dass die Weltbevölkerung extrem wächst. Mehr Leute benötigen natürlich mehr Ressourcen. Das zweite Problem ist allerdings, dass wir viel viel mehr konsumieren als unsere Vorfahren. Eine Person, die heute geboren wird, konsumiert ungefähr 10 Mal mehr als die gleiche Person 30 Jahre früher. Vor 100 Jahren hat kaum jemand ein Auto gehabt oder ist geflogen. Die Weltbevölkerung wächst und jeder braucht alle 3 Jahre ein neues Handy, einen neuen Fernseher, einen neuen Computer und ein neues Auto.
Ich habe mit vielen Einheimischen hier in Südostasien gesprochen und habe einiges gesehen. Ein Auto zu besitzen macht dich hier schon zu einem reichen Menschen. Ich habe viele Leute gefragt, ob sie schon Mal Urlaub gemacht haben und das Nachbarland besucht haben. Selbst wenn das Nachbarland nur 4 Stunden Fahrt entfernt war, lautete die Antwort "nein". Urlaub ist in den meisten Ländern ein Luxus, der den Durchschnitt der Bevölkerung nicht möglich ist. Hier in den Phillipinen haben wir mit einem Einheimischen geredet, der erzählt hat, dass sich viele seiner Nachbarn einen Tagesausflug an das Meer, das gerade Mal 1 Stunde Fahrt entfernt liegt, nicht leisten können. Nur wenige Menschen besitzen ein Auto, Kleidung wird in der Regel beim Second Hand laden gekauft.
Wir aber fliegen um die halbe Welt in neue Lànder und Kulturen zu entdecken, um dann hier in die ganzen westlich aussehenden Restaurants zu gehen und Speisen zu konsumieren, die für uns importiert wurden und in Plastik eingepackt
sind.
Die Einheimischen hier verbrauchen ein Bruchteil an Ressourcen wie wir. Ich habe weiter oben von dem WWF Bericht geschrieben, wo wir, die gesamte Menschheit, bereits jetzt das Äquivalent von 1,5 Planeten nutzen. Wenn jeder! Mensch auf der Erde wie ein durchschnittlicher Westler leben könnte, bräuchten wir bereits vier Planeten!
Später diskutiere ich auch mit Karli über das Thema. Wir müssen zugeben, dass wir nicht so nachhaltig sind wie wir gerne wären. Auch wir verbrauchen viele Ressourcen. Wir sind um die halbe Welt geflogen, um das hier zu erleben. Wir versuchen schon aber schlussendlich verursachen wie doch einige Umweltprobleme. Wir verursachen hier Abfall und Plastikmüll, die durch ein fehlendes Müllsystem einfach am Straßenrand verbrannt werden oder vielleicht sogar einfach ins Meer geschmissen werden. Wir produzieren hier Abwasser, das unzureichend geklärt in den Fluss oder Meer geleitet wird. Wir fahren ein Vielfaches mehr an Strecken mit Bussen als ein Einheimischer es tun könnten. Und nicht immer schaffen wir es unserem Ziel, nicht zu fliegen, gerecht zu werden.
Aber trotzdem glaube ich an die kleinen Unterschiede: Karli und ich haben uns plastikboxen, Löffel und Aluflaschen zu gelegt. Damit gehen wir zum Beispiel an Straßenstände um das Einweg Plastik dort zu vermeiden. Die Aluflaschen benutzen wir nicht nur zum Wasser auffüllen. Zusätzlich gehen wir damit auch in Cafés und lassen uns Eiskaffee in den Flaschen statt in Einwrg-Plastikbechern zubereiten.
Wie versuchen private Transporte wie zum Beispiel Taxis zu vermeiden, genauso wie wir versuchen Flieger zu vermeiden.
Und ich versuche mittlerweile alles zu flicken. Jede meiner drei Hosen hat mittlerweile mindestens ein Loch. Die mitgenommemste Hose hat sogar 6 Löcher. Ich habe die alle wieder geflickt. Und ich werde auch jedes weitere Flicken. Genauso wie die Löcher in karlis kleinen Rucksack, meinem kleinen Rucksack, unserer Tagestasche und in meinem großen Rucksack und in verschiedenen Oberteilen.
Dieter, Karlis Papa, sagt etwas was mir im Gedächtnis bleibt. "Jedes Mal wenn wir Geld ausgeben, egal für was, bringt irgendeine Art von Umweltbeeinträchtigung mit sich. Ganz grob gesagt, umso mehr Geld du ausgibt, desto mehr beeinträchtigst du die Umwelt." Neues Benzin für das Auto bezahle ich mit Geld. Das Auto selbst kaufe ich mit Geld. Neue Besitzgüter, egal ob neue Kleidung, ein neues Elektrogerät oder ein neues Auto werden irgendwo produziert und verbrauchen somit Ressourcen wie Wasser, Metalle, Sauerstoff und stoßen bei der Produktion CO2 aus. Ja, irgendwie macht der Gedanke Sinn. Und wenn man es so betrachtet, stehen Karli und ich gar nicht so schlecht da. Einfach nur, weil wir bei unserer Reise darauf achten kostensparend zu reisen. Auf Shopping Touren verzichten. Lieber 24 Stunden mit dem Bus reisen, als einmal zu fliegen. Lieber bei einheimischen Restaurants günstige (=lokale) Lebensmittel zu essen, als in europäischen Restaurants importiere Lebensmittel zu essen. Und ich bin stolz darauf, was wir schon tuen. Jedes Mal vor einem Kauf überlege ich zweimal, ob ich den Gegenstand wirklich brauche oder ob er nicht in 4 Wochen in einer Ecke landet und dort versauert. Die Löcher in unserer Kleidung flicke ich im Zweifelsfall auch zum drittrn Mal. Wir tauschen unserr Besitzgüter nicht ständig aus, sondern behalten sie solange wie möglich: Mein Fernseher Zuhause ist schon 12 Jahre alt, aber ich werde ihn nicht austauschen. Neue Kleidung hole ich mir häufig bei eBay oder im Second Hand laden. Ja klar, ich könnte noch mehr tun. Häufig wünsche ich mir, dass ich noch mehr tun würde und meine Vorsätze konsequenter umsetze. Aber gleichzeitig bin ich stolz darauf, was ich bereits tue und dass ich diese Umweltaspekt schon in meinem Entscheidungen berücksichtige.
Der einzigster Weg umweltfreundlicher zu sein ist weniger zu konsumieren.
Ich finde, dass die Beeinträchtigung für den einzelnen nicht viel sind, aber wenn jeder ein bisschen was tut, kommt am Ende sehr viel bei raus.
Das sind nur ein paar Gedanken, die ich bzw wie die letzten Tage und Monate so hatten. Ich hoffe ich habe sie so beschrieben, dass man meine Gedanken halbwrgs nachvollziehen kann. Die Probleme sind unglaublich komplex und es gibt viele Möglichkeiten sie zu betrachten. Ich würde mich freuen wenn ihr eure Gedanken und Meinungen dazu in den Kommentaren teilt!
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