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AutorenbildJanine

Hinfallen, aufstehen, weiter machen

Bericht vom 3. bis 15. Juni 2024

Aus: Neuseeland

  • Karli fliegt heim (aus meiner Perspektive) - Ende einer Phase

  • erste Schritte in einer neuen Phase

  • Regel Nummer eins: es kommt anders wie man denkt




Ende einer Phase

Ich begleite Karli zum Flughafen. Zu seinem Flug heim nach Deutschland. Das ist schon ein seltsames Gefühl. Er gibt seine Koffer ab und dann heißt es Lebewohl sagen. Auf unbestimmte Zeit. Danach sitze ich noch drei Stunden weiter in der Abflughalle am Flughafen und weiß nicht was ich mit mir anfangen soll. Fühle mich verloren. Schwerelos


Ich bin alleine.


 

Es ist nicht nur das Ende des Reisens mit Karli sondern auch das Ende des Van Leben! Das Leben in unserem kleinen gemütlichen Auto. Karli und ich haben den Van noch vor Karlis Abflug verkauft. Vielleicht fragt sich der ein oder andere warum ich den Van nicht behalten habe. Warum wir den verkauft haben, bevor Karli heim geflogen ist. In irgendeinem Beitrag bin ich schonmal auf die anstrengendem Seiten eines Van Lebens eingegangen (duschen, Toilettengange, fehlendes WLAN und und und). Das ist nach einigen Monaten Van-Leben anstrengend. Nun kommt auch noch der Winter hinzu. Vor allen Dingen mehr Regen, was bedeutet mehr auf den 3qm eingesperrt zu sein. Und weniger Stunden Tageslicht pro Tag. Was bedeutet noch länger auf den 3qm eingesperrt zu sein. Um 5 Uhr geht die Sonne unter. Und ab da sitzt man halt noch 6 Stunden im Bett und versucht dich die Zeit zu vertreiben. Tag für Tag.


Und das ist der Grund, weswegen ich den Van verkauft habe, auch wenn ich noch eine Weile in Neuseeland bleibe. Gerade bin ich gerade sehr glücklich das Van leben zu beenden.


Schon am Tag nach Karlis Abflug verändert sich meine Gefühlslage langsam wieder. Aus dem Verlorensein, wird ein Gefühl von Schwerelosigkeit. Und in dieser Schwerelosigkeit verborgen liegt neue Optionen. Neue Möglichkeiten, neue Herausforderungen, neue Erlebnisse. Mein Mut und meine Zuversicht kommen langsam zurück. Nach ein paar Tagen sprüht mein Kopf wieder vor lauter Ideen. Ich habe so viele hunderte Ideen, was ich hier in Neuseeland noch ausprobieren möchte: Arbeiten in handwerklichen Berufen zum Beispiel Holzarbeiten zb Schreiner/ Tischler. Oder auf dem Bau, ich habe einen deutschen geredet, der das gemacht hat und das klang spannend! Oder 6 Wochen auf nem kommerziellen Fischerboot. Auf nem Job bei ner Firma, die personalisierte Schilder herstellt fände ich sehr spannend. Eine Freundin könnte mir ein Praktikum bei einem Hausbauer vermitteln. An Ideen mangelt es mir nicht!



Eine neue Phase - Erste Schritte

Aus diesen vielen Möglichkeiten ergibt sich als erstes eine Gelegenheit in der Richtung Holzverarbeitung / Schreiner. In diesem Richtung habe ich besonders gesucht, weil ich gerade sehr Lust habe hier meine Kenntnisse zu aufzufrischen und zu vertiefen. Ich habe in der Richtung ein bisschen Erfahrung, weil ich mal eine Holzbank gebaut habe. Und darüber hinaus habe ich jede Menge Motivation.


Genau, also in Richtung Schreiner hat sich spontan ein woofing (eine Freiwilligenarbeit) ergeben. "Woofing" bedeutet im engeren Sinne "Working on organic farms", also jemanden auf einem organischen Bauernhof zu helfen. Im weiteren Sinne ist es nicht begrenzt auf Landwirtschaft, sondern irgendwo bei irgendwem irgendwas zu helfen. Und das gegen Kost und Logie.


Meine beiden Gastgeber, Amanda und Parshant haben sich auf meine Anzeige gemeldet, sie bauen gerade ein Haus. Nach 6 Monaten in Neuseeland habe ich rausgefunden, dass es tatächlich am einfachsten ist woofings (freiwilligenarbeiten) über Facebook zu finden. Das Haus ist ein Tiny Haus. Also ein winzig kleiner Haus. Ungefähr 40 Quadratmeter klein. Bei meinen Gastgebern vor Ort besprechen wir die Lage. Unter anderem muss in dem Tiny Haus die Dämmung ins Dachs eingebracht werden und dann die Sperrholzplatten als Verkleidung aufgesetzt werden. Das wird eine meiner Aufgaben. Es gibt keinen Plan wie das gemacht werden soll. Gar keinen. Ich habe freie Hand. Ich habe dann vorsichtig gemeint, das ich das für ne mega spannend Aufgabe halte, aber das ich das noch nie gemacht habe. Mein Gastgeber hat daraufhin gemeint, das ich es nicht schlimmer machen kann, als der Handwerker, der das Haus gebaut hat. Tatsächlich musste seine Arbeit rückganängig gemacht werden. Die bereits montierte Innenverkleidung aus Sperrholzplatten musste wieder runter genommen,, weil der Handwerker keine Isolierung eingebaut hat und 10 cm breite Schlitze zwischen den Platten waren.


OK ich glaube das kriege ich besser hin.


2 Tage später hat sich das Blatt um 180 Grad gewendet. Tiny Haus Bau funktioniert nicht, so wie geplant. Weder für mich noch für meine Gastgeber. Immer wieder komme ich mit meinen Gastgeber zu dem Ergebnis, dass ein "normales" Vorgehen bei diesem Haus nicht möglich ist. Weil der ursprünglich beauftragte Handwerker zu viel scheiße gebaut hat. Zum Beispiel liegt das Dach eigentlich nur locker auf den Wänden auf. Dieses Problem muss erst behoben werden, bevor ich die Dachisolierung neu mache. Bei jeder Aufgabe, die ich angehen möchte und umsetzen will, tauen plötzlich neue Probleme auf. Das frustriert mich. Meine Gastgeber sind sehr nett, aber selber gerade mit anderen, privaten und beruflichen Themen total überlastet. So kommen meine Gastgeber und ich beide unabhängig voneinander beide zu dem Schluss, dass das so keinen Sinn ergibt. Im gemeinsamen Gespräch kommen wir zu der Übereinkunft das woofing zu beenden.


 


Hinfallen

Insofern bezeichne ich diese Phase im Rückblick als "hinfallen". Nicht das ich dort persönlich gescheitert bin, Aber eigentlich sehne ich mich seit einer ganzen Weile mal wieder an einen Ort zu sein. Einfach für mindestens 2 Wochen ein Ort zum Bleiben zu finden. Eine Routine zu haben. Nun "sitze ich wieder auf der Straße". Bin wieder ein paar Schritte zurück geworfen worden. Ich habe sehr nette Gastgeber, die mich nicht sofort rauswerfen. Dafür bin ich sehr dankbar. Also das "zurück auf der Straße ist" Aber habe noch zeit mir ws neues zu suchen. Allerdings ist die Kiste natürlich ziemlich kurzfristig. Und ich merke wie diese Dauernden Ortswechsel an meiner Energie zehren. Die Situation frustriert mich. Insgesamt sind die vergangenen Wochen wie eine riesige nicht enden wollende Achterbahn.


in dem Blog können wir ja auch nur einen Bruchteil von dem beschreiben, was uns den ganzen Tag so beschäftigt und was so passiert. Wie viele sich bei uns manchmal "im Hintergrund" ändert, was wir gar nicht berichten, kann man an diesem Beispiel der den vergangen Wochen beziehungsweise an meinem in kürze anstehenden Geburtstag veranschaulichen.


Den ich werde in vier Tagen 30 Jahr alt. Ja, ich weiß, gruselig. Also ich meine ich mache mir nicht viel aus meinen Geburtstagen. Vollendungen, weil es mir schwer fällt im Mittelpunkt zu stehen. Aber trotzdem. Irgendwie wird in unserer Gesellschaft der 30e Geburtstag als was ganz besonderes angesehen. Der Anfang eines neuen Jahrzehnts. "Der Abschluss der Jugend". Das Jahrzehnt in dem viele Eltern werden, heiraten, Häuser bauen. Es ist und bleibt einfach ein bedeutungsschwangerer Geburtstag. Und deswegen fiel mir vor ein paar Wochen, die Entscheidung alleine in Neuseeland zu bleiben oder nicht auch besonders schwer. Weil damit verbunden war die Frage, wie ich meinen 30en Geburtstag feiern werde. Ich möchte nicht alleine an dem Tag sein. Es wäre schön zumindest eins zwei Leute um mich rum zu haben, die ein bisschen Aufmerksamkeit schenken.


Mit dem Ende dieser Freiweilligenabreit an dem Tiny Haus ploppt auf einmal auch diese Frage nach meinem 30en Geburtstag wieder auf. So wo ich da stehe vor diesem "gescheiterten" woofing fällt mir auf einmal auf, wie viele andere Pläne in den letzten Wochen "gescheitert" sind. Denn es nicht das erste Mal, das meine "Pläne" für die kommenden Wochen (und damit auch meinem 30en Geburtstag) über den Haufen geworfen wurden.


Vor ein paar Wochen hatte ich gedacht, ich hätte den perfekten Ort gefunden. Der Vermieter von Freunden Schreiner ist. Unsere Freunde haben mir angeboten ein Praktikum zu vermitteln. Ich hatte mich so sehr gefreut. Leider sind dann ein paar Sachen eskaliert, jedenfalls war damit dieses Möglichkeit geplatzt. Dann hatte ich eine andere Option, eine Freiwilligenabreit bei einer netten Familie. Die mussten mir kurzfristig absagen, weil sie an Covid erkrankt sind. Dann bin hier zu dem jetzigen Praktikum und alles schien super mega toll. Bis zum zweiten Tag. Und jetzt stehe ich hier....


Ratlos.


Erschöpft.


Ich will doch einfach nur 2 Wochen an einem Ort sein und einfach eine schönen Geburtstag haben.


Krass, bevor ich über meinen Geburtstag nachgedacht habe mir ist gar nicht aufhalten wie häufig sich meine Pläne die letzten Wochen geändert haben. Vielleicht wäre das besser gewesen. Den jetzt wo ich darüber nachdenke macht es nicht traurig.


Ich glaube wäre da nicht mein Geburtstag hätte ich gar nicht über diese viele geplatzten Optionen nachgedacht. Ihnen erst gar keine Aufmerksamkeit geschenkt. Hinfallen, aufstehen, Krone richten. Und das funktioniert bei mir mittlerweile meistens automatisch. Ohne dass ich darüber nachdenke. Umso weniger Aufmerksamkeit ich den "geplatzten" Optionen schenke desto weniger belasten sie mich. Desto weniger bremsen sie mich aus. Es gab Phasen, zum Beispiel als wir hier in Neuseeland angekommen sind, wo ich sehr viele Energie in diese "nicht möglichen" Optionen gesteckt habe. Was mich damals sehr viel "nutzlose" Energie gekostet hat. Insofern bin ich sehr dankbar, dass ich, wenn etwas nicht so passiert, wie ich mir das gewünscht habe. Das ich dann einfach mit den Schultern zucke, und weiter mache. Ich glaube das habe ich während dieser Reise gelernt. Während so einer Reise wie dieser hier, ändern sich Pläne in rasendem Tempo und das immerzu. Von daher habe ich in der Hinsicht während der Reise viel dazu gelernt. die meisten unserer Pläne ein oder mehrmals überworfen werden. Die Fähigkeit sich daran nicht auf zuhängen, gar nicht groß darüber nachzudenken und stattdessen nach vorne zu schauen ist für mich eine sehr wichtige geworden. Aber natürlich funktioniert es trotzdem manchmal besser und manchmal schlechter.


Aufstehen und weiter machen

Über Facebook finde ich Angela, bei der ich 10 Tage bleiben kann. Ebenfalls wieder ein woofing - ein paar Stunden Arbeit pro Tag gegen Kost und Logie. Angela hat eine Rinderfarm, ein paar Airbnb, irgendein Lagerverkauf und noch weitere Business, die sie parallel managet. Ich räume ihre Werkstatt auf, baue eine Holzaun, schleife Bretter. Nichts aufregendes, aber das kommt mir irgendwie gerade auch entgegen. In meinem Kopf passiert gerade sehr viel. Aber darauf gehe ich im nächsten Beitrag ein.


Mit mir ist Jane hier. Jane ist ebenfalls eine Backpackerin, allerdings aus Taiwan. Ich verstehe mich gut mit Jane und lerne sehr viel in dieser Zeit über Taiwan. Außerdem gibt es auf dem Grundstück noch einige Pferde, zwei ausgewachsene Hunde und einen zuckersüßen Hundewelpen. Der andauernd meine Schuhe oder anderes von mit klaut.


Mein 30er Geburtstag wird am Schluss wirklich unspektakulär. Aber das ist in Ordnung. In spätestens 10 Jahren interessiert das keine sau mehr. Und ich hatte dafür einen fantastischen 29en Geburtstag.


Die Zukunft

Wie ihr seht ist in den letzte Wochen und Monate mein Leben wie eine Achterbahn. Die Pläne, mein Gefühlslage und meine Zukunftsplane. Alles ist eine Achterbahn. Und so sieht es gerade auch in meinem Kopf aus hinsichtlich meiner Zukungspläne. Ich hatte Karli Mal versprochen, dass ich in 2 Monaten also Anfang August in Deutschland komme. Um ehrlich zu sein, schweifen meine Pläne zwischendurch immer wieder ab. Zurzeit schwankt meine Meinung häufig von " ich fliege in 2 Wochen zurück nach Deutschland und baue mir da ein kuscheliges gemütliches Nest" über "ich wandere aus nach Neuseeland und mache hier eine Schreiner Ausbildung " bis hin zu "ich mache es wie Nick Martin und höre einfach nie auf zu reisen ". Mein Kopf sprüht vor lauter Ideen, was ich dieser Welt noch alles anstellen könnte.  Ich könnte noch nach Australien rüber und dort in ner Mine arbeiten. Das wäre sicherlich auch spannend. Im Japan kann ich auch ein Working Holidays Visa beantragen. Und ich wollte hier in Neuseeland eigentlich auch noch auf nem Segelboot anheuern und dann rüber irgendwo auf eine der Inseln in Polynesien oder Micronesien.


Da ist eine Seite in mir, die sich unglaublich gerne ausprobiert, die verrückte Dinge macht.



 

Randbemerkung zum Fotoalbum:

Mit meinem Handy habe ich von dieser Zeit gerade mal eine handvoll Bilder gemacht. Ich habe zwar noch ein paar mehr Bilder auf der GoPro, unter anderem auch von dem Tiny Haus. Aber tatsächlich habe ich es schlicht und ergreifend zeitlich noch nicht geschafft, die Bilder von der GoPro auf den Pc zu ziehen, auszusortieren, die Datumsangabe anzupassen und das dann, sobald ich Internet hochzuladen. Deswegen sind zum Beispiel keine Fotos von dem Tiny Haus mit drinnen


📷 ein kleines Fotoalbum





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